Definition und Ursachen
Es gibt verschiedene Auffassungen zur LRS, die sich in  unterschiedlichen Definitionsversuchen und Begriffsinhalten widerspiegeln. So wird im internationalen Katalog der Krankheiten und Diagnosen der WHO (ICD-10) LRS als „...eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten...“ gefasst.
Im Legasthenieerlass von NRW vom 19.7. 1991 wird von Schülern gesprochen, „... bei denen besondere Schwierigkeiten im Erlernen des Lesens und Rechtschreibens beobachtet werden.“
Trotz ausreichender Beschulung erreichen diese Kinder nicht das Leistungsniveau, das ihrer Begabung entspricht.
Es gibt eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Ausprägungen und Schweregrade, deren Übergänge in der Regel fließend sind. Generell hebt man diejenigen, die sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben große Probleme aufweisen, von denen ab, bei denen die Schwierigkeiten nur beim Schreiben vorkommen (isolierte Rechtschreibstörung). Darüber hinaus findet man häufig eine Differenzierung in eine Lese-/Rechtschreibschwäche und eine Lese-/Rechtschreibstörung (5-7% der Betroffenen).
Man spricht von bis zu 25 Prozent der Schüler, die von besonderen Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben betroffen sind.
Konkret ergeben sich die Lese- und/oder Rechtschreibprobleme daraus, dass die Betreffenden nur in eingeschränkter Weise in der Lage sind, gehörte (auditive) oder gesehene (visuelle) Reize (z.B. gesprochnes oder geschriebenes Wort) komplex zu verarbeiten. Dabei hat diese auditiv-visuelle Verarbeitungsstörung in der Regel nichts mit schlechtem Hören oder Sehen oder geminderter Intelligenz zu tun.

Ursachen der LRS
Fragt man nun nach den Ursachen einer LRS, so findet man noch immer sehr unterschiedliche, mehr oder weniger wissenschaftlich belegte Aussagen. Allerdings räumen neueste Forschungen genetischen bzw. biologischen Faktoren einen immer größeren Stellenwert ein. Bei der übergroßen Mehrheit der Betroffen spielen diese Faktoren und entsprechende Dispositionen offensichtlich eine entscheidende Rolle, wie u.a. die Forschungen zu „LRS-Familien“ belegen.
Darüber hinaus geht man aber auch von einem Geflecht von Einflussfaktoren aus, an dem das Kind selbst und sein soziales Umfeld, also auch die Familie und die Schule, beteiligt sein können.
Dennoch gibt es eine größere Gruppe von Betroffenen, bei der, mehr oder weniger eindeutig, keine genetischen Ursachen für die LRS zu existieren scheinen. Bei diesen Menschen können die Schwierigkeiten aus oft zufällig auftretenden Problemen in der Schwangerschafts-, Geburts- und Babyphase resultieren. Die LRS Symptomatik beider Gruppen kann nahezu identisch sein. Allerdings zeigen sich bei der letzten Gruppe oft stärkere Verbindungen zu Auffälligkeiten im motorischen, Wahrnehmungs-, Konzentrations- und Verhaltensbereich. Schlechte Schrift, unruhige Sitzhaltung, geringe Aufmerksamkeitsspanne, Vergesslichkeit, vieles, was ein AD(H)S oder ADS Kind zu charakterisieren scheint, kann man bei vielen dieser Gruppe finden (mehr hierzu: www.inpp-schroeter.de).

Aus unserer langjährigen Erfahrung scheint sich noch eine dritte Gruppe von LRS Betroffenen zu ergeben. Bei ihr könnten sich beide Ursachenkomplexe überlagern, was eine klare Diagnostik und anschließenden effektiven Hilfen zusätzliche Probleme bereiten kann.
Generell besteht häufig ein großes Problem darin, Ursachen und Folgewirkungen einer LRS auseinanderzuhalten und, salopp formuliert, die Frage nach dem Huhn und dem Ei zu beantworten.
Sehr häufig wird z.B. aus der Zunahme der Lese- und Rechtschreibfehler (Faselfehler) zum Ende der Übung hin oder der leichten Ablenkbarkeit wegen auf eine Konzentrationsschwäche geschlossen; auch zu geringer Fleiß oder mangelnde Intelligenz werden als Ursachen für die schlechten Leistungen angenommen. Nur selten spielen diese Faktoren wirklich eine ursächliche Rolle, oft sind sie sichtbare Folgen und Begleiterscheinungen einer LRS. Denn wer kennt das nicht, dass man, wenn man immer wieder vergeblich etwas zu erreichen versucht und es trotz großer Anstrengungen nicht schafft, aufgibt und sich lieber mit anderen Dingen beschäftigt.